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Manfred Niehaus: Einige Anweisungen für die Mittellage

Einige Anweisungen für die Mittellage

 

Mitschnitt des Konzertes im Kölner Stadtgarten am 14. September 2013 im Rahmen der 9. Kölner Musiknacht.


Mix/Mastering: Deistler, Bonnen
Fotos/Cover/Layout: Peter Hölscher

TT: 64'21 c OBST 2014

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Foto-Dokumentation Stadtgarten 2013
Peter Hölscher:

K L I C K   M I C H !

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Musiknacht Manfred Niehaus Kammermusik

Am 18. September 2013 hätte Manfred Niehaus seinen 80. Geburtstag gefeiert. Ohne ihn wäre die heutige Kölner Musikszene eine völlig andere. Er war die rechte Hand von Bernd Alois Zimmermann, für den WDR der Produzent von Karlheinz Stockhausen, Produzent von John Cage und Steve Reich, Redakteur für Neue Musik und später Begründer der Jazz Redaktion und natürlich Komponist von Opern, Konzerten und Kammermusik. Seine Kammermusik stand im Focus des Konzertes im Kölner Stadtgarten am 14. September 2013 im Rahmen der 9. Kölner Musiknacht.

Fotografie: Peter Hölscher

 

Einige Anweisungen für die Mittellage (1969) 8’03

Cora Schmeiser: Gesang, Perkussion
Lucia Mense: Blockflöte
Hans-Martin Müller: Flöte
Marei Seuthe: Violoncello
Lothar Burghaus: Bassklarinette
Susanne Kessel: Klavier
Michael Pape: Schlagzeug
Dietmar Bonnen: Leitung

Das Stück entstand 1969 für das Ensemble der GRUPPE 8, einer Komponistengruppe, die 1969 bis 1972 in Köln wirkte. Die Uraufführung fand im Herbst 1969 im kleinen Saal des Concertgebouw in Amsterdam statt. Die Anzahl der Mitwirkenden ist frei. Es gibt drei Arten von Anweisungen auf Spielkarten, Klänge zu produzieren: provozierende, reaktive und hintergrundstrukturierende. Vor jeder Aufführung sind die Spielkarten eines jeden Spielers gut zu mischen.

Zwei Lieder auf Texte von Jakob van Hoddis (1988)
Totenklage 1’28
Weltende 1’03

Cora Schmeiser: Gesang
Lucia Mense: Blockflöte
Dietmar Bonnen: Spinett

Manfred hat immer wieder Texte des Expressionisten, der im Dritten Reich euthanasiert wurde, zur Grundlage seiner Kompositionen gemacht. Diese beiden Lieder sind 1988 für die Manfred Niehaus Pocket Opera entstanden.

Klaviersonate No.3 (Geflügelsonate – Bonner Version) (2007) 4’58 UA

Susanne Kessel: Klavier

"Liebe Susanne, heute beginnt der Sommer und die Amseln in Bonn können schon Beethoven. Er hängt ihnen zum Halse heraus - tötötötö! Herzliche Grüße, Manfred" schrieb Manfred Niehaus in einem Brief im Juni 2007 an die Bonner Pianistin Susanne Kessel. Im Umschlag befand sich auch Manfreds am Tag zuvor komponierte »Klaviersonate 003, Bonner Version«. Die beiden Untertitel der Sonate – »Geflügelsonate« und »Bonner Amseln lernen Beethoven!« – basieren auf folgendem Hintergrund: Die Beethovenstiftung in Bonn unterstützte im Frühjahr 2007 ein Projekt William Engelens, in welchem Bonner Amseln durch Handy-Klingeltöne ermuntert werden sollten, die »Ode an die Freude« singen zu lernen. Dieses schöne Projekt schien zu funktionieren, denn auf Manfreds Dachterrasse in Köln-Ehrenfeld trällerte tatsächlich eine Amsel Fragmente aus »Freude schöner Götterfunken«. Wahrscheinlich ein Bonner Emigrant! Basierend auf den Singübungen dieser Amsel in Ehrenfeld komponierte Manfred seine dreisätzige Klaviersonate 003.

 

 

Sieben neue Haiku (1998) 6’08

Marei Seuthe: Gesang
Lothar Burghaus: Baritonsaxophon
Dietmar Bonnen: Akkordeon

Das Haiku ist eine japanische Gedichtform mit drei Zeilen: fünf Silben, sieben Silben, fünf Silben. Wegen eines Herzkatheters im Krankenhaus, schrieb Manfred eigene Haiku-Texte, die er später zuhause vertonte und für Lothars Baritonsaxophon und mein Kinderakkordeon instrumentierte.

Satt – Satie – Satte Tiere (2006) 4’41

Marei Seuthe: Violoncello
Dietmar Bonnen: Klavier

Mit seinem befreundeten Kollegen John Cage, mit dem er während seiner Zeit als Redakteur beim WDR Produktionen machte und über dessen Komposition 4’33’’ er ein kleines Buch veröffentlichte, teilte Manfred die Faszination für das Werk Erik Saties. Wie Cage und Bach lässt sich auch dessen Name in Tonhöhen umsetzen: Eb–A–Ti (H)–E

Merseburger Zaubersprüche (2010) 2’16 UA Text 9./10. Jh.

Cora Schmeiser: Gesang
Lucia Mense: Blockflöte
Hans-Martin Müller: Flöte
Marei Seuthe: Violoncello
Dietmar Bonnen: Leitung

Für die Kölner Musiknacht 2010 entwickelte das Ensemble Les Saxosythes-Werkstatt, in dem Manfred als Sänger, Sprecher und Komponist Mitglied war, ein Programm, dass sich auf vielfältige Weise mit dem Thema »Alte Musik« auseinandersetzte. Bei der Materialsammlung kamen auch die »Merseburger Zaubersprüche« auf den Tisch. Diese sind in althochdeutscher Sprache abgefasst und wurden auf einer Handschrift aus dem 9. Jahrhundert entdeckt. Die Zaubersprüche wurden im Programm nicht verwendet, Manfred vertonte sie trotzdem und so fand in der Musiknacht 2013 posthum die Uraufführung statt.

All’ombra (1997) 4’33

Lothar Burghaus: Baritonsaxophon
Susanne Kessel: Klavier

Eine Barcarole 1997 geschrieben für Lothar.

 

Drei Miniaturen für Violoncello & Klavier (2012) 1’24 UA
An Dante – Von Dannen – Nach Da

Marei Seuthe: Violoncello
Dietmar Bonnen: Klavier

Im Frühjahr 2012 besuchte uns der befreundete armenische Künstler Vazgen Pahlavuni-Tadevosyan, der wie Manfred spontan, schnell und direkt Anregungen aus der Umgebung in vollständige Werke umsetzt. So entstand die Idee, die beiden für ein kleines Projekt zusammenzuführen. Wir stellten sie, die sich verbal nur wenig verständigen konnten, einander vor und starteten das Experiment: Die beiden saßen gemeinsam in Manfreds Werkstatt am Schreibtisch, die Stoppuhr war auf 20 Minuten eingestellt, und beide ließen sich gegenseitig durch die Situation anregen. Es entstanden mehrere Zeichnungen und Manfred schrieb ein kleines Stück für das Duo Seuthe/Bonnen: »An Dante«. Man verabschiedete sich, das Projekt war beendet. Am nächsten Tag schickte Manfred zwei zusätzliche Miniaturen, so dass ein Zyklus entstand, der im Stadtgarten uraufgeführt wurde.

Einige Anweisungen für die Mittellage (1969) 12’06

Cora Schmeiser: Gesang, Perkussion
Lucia Mense: Blockflöte
Hans-Martin Müller: Flöte
Marei Seuthe: Violoncello
Lothar Burghaus: Baritonsaxophon
Susanne Kessel: Klavier
Michael Pape: Schlagzeug
Dietmar Bonnen: Leitung

 

 

 

BONUS

Zwei Märchen

1. Märchen aus »Woyzeck« von Georg Büchner (1992) 4’03

2. Märchen von Daniil Charms (1994) 3’53

Consuelo Sanudo: Gesang
Dietmar Bonnen: Klavier

Aufnahme 2003 im Loft, Köln-Ehrenfeld: Gagga Deistler

Solovki (Dietmar Bonnen 1994) 8’02

Manfred Niehaus: Bratsche
Marei Seuthe: Violoncello
Susanne Hille: Gesang
Susanne Kessel: Klavier
Lothar Burghaus: Bassklarinette
Andreas Schilling: Kontrabass
Michael Pape: Schlagzeug
Dietmar Bonnen: Leitung

Mitschnitt vom 20.10.2011 aus dem Spiegelsaal von Schloss Morsbroich, Leverkusen

Das graphisch notierte Stück wurde von Dietmar Bonnen 1994 in Seenot zwischen Archangelsk und der Insel Solovki im Weißen Meer komponiert. Das Ensemble FLEISCH inklusive Bassist Andreas Schilling befand sich auf Goethe-Tour durch Russland. FLEISCH hatte gerade auf dem Archangelsker Jazz-Festival gespielt, anschließend waren alle Musiker und Toningenieure des Festivals zu einem mehrtägigen Ausflug nach Solovki geladen. Auf der Rückreise geriet das Schiff in einen Sturm und war etwa 40 Stunden fahruntüchtig auf sich selbst gestellt, bis es von einem Kriegsschiff in den Atom-U-Boot-Hafen bei Archangelsk geschleppt werden konnte. Aus diesem Sperrgebiet wurden die Musiker mit Hubschraubern ausgeflogen. Das Stück »Solovki« wurde 2 Tage später im großen Sendesaal des Moskauer Rundfunk von russischen Musikern und FLEISCH uraufgeführt.

 

Das Konzert in Morsbroich 2011 war eine vorgezogene Hommage zu John Cages 100stem Geburtstag. In diesem Konzert, das glücklicherweise dokumentarisch mitgeschnitten wurde, hatte Manfred Niehaus seinen letzten öffentlichen Auftritt.

 

Fotografie: Peter Hölscher