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Manfred Niehaus – Radiokunststücke

Radiokunsstücke

Vorspiel:
3 Ejaculations 1'53

Manfred Niehaus: Klavier (1956)

Radiokunststücke:
Radiokunststück 1    5'01
Radiokunststück 2    5'47
Radiokunststück 3    3'51
Radiokunststück 4    3'15
Radiokunststück 5    19'42
Radiokunststück 6    3'14

Dietmar Bonnen, Ernst Gaida-Hartmann,
Manfred Niehaus: Stimmen und Klänge
DB: Orgel, EGH: Gitarre, MN: Bratsche
[unter Mitwirkung von Wolfgang Schmitt-Weist und Edina Soriano: Stimmen]

Zugaben:
Stoßgebet 1'36

Edina Soriano: Sopran, Dietmar Bonnen: Harmonium

2 Sätze Adornos 1'35

Manfred Niehaus: Stimme
Ernst Gaida-Hartmann: Vocoder

Produziert 1998/99 im Studio Opladener Treff
von Bonnen, Gaida-Hartmann, Niehaus

Aufnahme, Mix, Mastering: Gaida-Hartmann
Cover, Layout, Foto: Peter Hölscher

Die »Three Ejaculations« schrieb ich 1956 für John Tilbury. Der verbrachte damals in Köln-Ossendorf seine Militärzeit bei der Royal Air Force. Heinz Klaus Metzger meinte damals, der Komponist dieser Stückchen sei sicher begabt aber nicht seriös (ernsthaft). Er hatte sicher recht. Die Stücke sollten kurze Stoßseufzer sein. Ich schaute im Lexikon nach und fand ejaculation.

Die »Sechs Radiokunststücke« entstanden im Sommer 1997, als ich mir klar zu werden versuchte, was aus mir und der Neuen Musik inzwischen geworden war. Sie sind Dr. Wolfgang Becker-Carsten zum Abschied gewidmet, der 1998 nach 25-jähriger Tätigkeit beim WDR in den vorzeitigen Ruhestand ging. Seitdem gibt es beim WDR keinen Abteilungsleiter Neue Musik mehr. Was ist aus dem Rundfunk geworden? Theodor W. Adorno, Philosoph in Frankfurt, war in den 50er Jahren bis gegen 1968 der Vordenker in Sachen Neue Musik. Zu seinen Mitdenkern gehörten u. a. Herbert Eimert, Musikkritiker der Kölnischen Rundschau und Mitbegründer des elektronischen Studios des WDR in Köln. Bo Nilsson war ein Komponist aus Nordschweden, der in den 50er Jahren auf Festivals für Neue Musik in Donaueschingen, Darmstadt und anderswo durch seine Kompositionen für frischen Wind sorgte und dann wieder von der Szene verschwunden ist. Die 50er Jahre, in denen noch einiges von Anton Webern (posthum; er starb im September 1945 durch die verirrte Kugel eines amerikanischen Soldaten) uraufgeführt wurde, waren meine Jugend- und Studienzeit. Was ist aus mir geworden?

Das »Stoßgebet« als Zugabe entstand 1980 und ist Bernd Alois Zimmermann, meinem wichtigsten Lehrer, gewidmet, der im Sommer 1970 aus dem Leben gegangen ist. Er hat u. a. einen Aufsatz veröffentlicht »Gespräch mit einem Kranich«, in dem eine fiktive Begegnung mit Karlheinz Stockhausen geschildert wird. Die beiden bedeutenden Komponisten wohnten zwar in der gleichen Stadt, ihre Geburtsorte Bliesheim und Mödrath sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt, sie sind sich aber stets aus dem Weg gegangen. Mit den beiden Sätzen Adornos habe ich dann im Februar 1999 versucht, mich wie an den eigenen Haaren aus – ja, woraus nur? – herauszuziehen.

Manfred Niehaus