„Ben“ heißt die erste Ausstellung im neueröffneten Kunstraum Obst in Holweide. „Gestatten Ben“ würde der einbeinige Holzkörper sagen, wenn er denn sprechen könnte. Doch er steht still und rätselhaft in einer Ecke des ‚Kunstraumes Obst’, Mittelpunkt der Ausstellung seiner Formgebers Peter Hölscher. Der weiß, dass Ben durchaus Klänge von sich gibt Allerdings nur, wenn man sanft über seinen Holzbauch streicht, an ihm kratzt oder ihn mit entschlossenen Griffen an der einbeinigen Eisenstange auf und ab bewegt. Und genauso wichtig ist, dass das archaisch anmutende Holzgehäuse mit einem Kabel an das entsprechende Verstärkergerät angeschlossen ist, um die feinen Schwingungen in seinem Innern per Tonabnehmer hörbar zu machen, ergänzt durch ein Kontaktmikrofon im Gehäuseinnern, das Geräusche von außen aufnimmt. Der Kölner Musiker und Komponist Andreas Schilling verstand sich am Eröffnungsabend der Ausstellung bestens darauf, Ben allerhand Klänge zu entlocken. Geräusche wie von afrikanischen Trommelrhythmen, vermischt mit den diffusen Klangflüssen moderner elektronischer Musik. Oder ein aus längst vergessener erinnerungsferne sich annähernder dunkler Glockenton inmitten der rhythmischen Struktur fremd-vertrauter Geräusche aus der eigenen Körperwelt. |
Ben ist nicht die erste Klangskulptur des Düsseldorfer Künstlers, der Schilling tönendes Leben einhauchte. Schließlich gehören beide zu einem Kreis von Musikern, Komponisten, Klangfindern und bildenden Künstlern, die im Grenzbereich verschiedener Medien seit rund 25 Jahren immer wieder gemeinsam zu Projekten zusammenkommen. Ein Fixpunkt ihrer Arbeit ist das CD-Label „Obst“, Herausgeber experimentierfreudiger Klangproduktionen im gleitenden Übergang von alter und neuer Musik, Jazz- und Rockmusik und Namensgeber für die jetzt neu eröffnete Galerie. Sie ist am gleichen Ort in der Holweider Piccoloministraße angesiedelt, wo der Komponist und Musiker (mit Schwerpunkt Klavier, Keyboards und Gesang), Organisator und Labelgründer Dietmar Bonnen seit längerem seiner kreativen Tätigkeit nachgeht. Möglich wurde die Erweiterung seines Tätigkeitsfeldes jetzt dadurch, dass seine Tante Grete nach 30 Jahren ihre Wäscherei mit Heißmangel aufgab, nachdem nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst ein Lebensmittelgeschäft in dem kleinen Flachbau gewesen war. |
Dass Holweide bislang eher selten als Schauplatz experimenteller Kunstereignisse in Erscheinung getreten ist, macht die Sache für Bonnen um so reizvoller. Als engagierter, im Rechtsrheinischen lebender Künstler weiß er um das große Potential in dieser Region. Und noch mehr vertraut er darauf, dass Kunststätten, an denen echte kreativ-inhaltliche Überzeugungen vorgestellt und gepflegt werden, immer und überall ihr Publikum finden. Drei vis vier Ausstellungen will er pro Jahr im Kunstraum Obst stattfinden lassen. Und Hölschers Präsentation zeigt bereits, wie die Verbindung von bildender Kunst und Musik in diesem Projekt verstanden wird: gleichberechtigt, inspirierend, in originelle, unbekannte Wahrnehmungszonen vorstoßend. Hölschers Fotografien, um die Ben-Skulptur herum gruppiert, sind ganz von dieser Art. Verschwommene Szenen, in denen die Welt wackelt, die Betrachter in Spalten des Lichts nach Einsichten und Auswegen suchen, während die Augen bereits in undurchsichtige Abgründe stürzen. Hölscher hat diese Bilder mit einer Minikamera im Innern der schwingenden Ben-Skulptur aufgenommen. Und so stellen wir am Ende überrascht fest, dass wir über diesen seltsamen Kunst-Gesellen mehr über die Geheimnisse des Lebens erfahren als von manchen unserer Menschen. Jürgen Kisters
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Ben und Laney
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Eisenstange, Draht und Holz Klangskulptur „Ben” ist erstes Projekt im neuen „Kunstraum Obst” HOLWEIDE. Wenn Tante Gretchen das wüsste! Nach dem Krieg war in dem Flachbau Piccoloministraße 330 ein Lebensmittelgeschäft ansässig, danach 30 Jahre lang eine Wäscherei und Heißmangel. Jetzt hat Neffe Dietmar Bonnen, Chef des Obst-Musiklabels, die Räumlichkeiten, einer ganz anderen Nutzung zugeführt. Kürzlich wurde der Laden mit dem großen Schaufenster als Kunstraum Obst" wiedereröffnet, und Holweide, bislang eher selten als Schauplatz aktueller Kunst bekannt, hat nun einen Raum, in dem vor allem die Verbindung von Bildender Kunst und Musik thematisiert werden soll. Das erste Projekt war die Klangskulptur 'Ben von Peter Hölscher. Ben besteht aus einer Eisenstange, die über einen Federmechanismus einen Draht in einem archaisch anmutenden Holzgehäuse in Schwingung versetzt. Diese Schwingungen werden per Tonabnehmer verstärkt, zusätzlich befindet sich im Inneren des Gehäuses ein Kontaktmikrofon, das Geräusche von außen aufnimmt. „Als ich das zum ersten Mal ausprobierte, haben mich die Klänge an Big Ben erinnert, aber der Name war mir dann doch zu blöd, deshalb habe ich die Skulptur Ben genannt”, erläuterte Hölscher die Namensgebung. Der Bassist Andreas Schilling, mit Hölschers früheren Klangskulpturen vertraut, hatte für Ben ein Stück komponiert, das er im Kunstraum aufführte. Schilling klopfte, rieb und kratzte auf dem Holzkorpus herum und jagte diese Klänge dann durch ein „Delay"-Gerät, das die verschiedenen Geräusche speicherte und in regelmäßigen Abständen wiedergab. Das Klangspektrum reichte von dunklen Glockentönen bis zu vielfältigen, sich überlagernden rhythmischen Strukturen. Hans-Willi Hermans |
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Fußvolk
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Andreas Schilling spielt seine Partitur |
Die Partitur Andreas Schillings
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Die
Edition
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