Alexei Aigui and Dietmar Bonnen – Nightshift |
1 Und was bekam des Soldaten Weib? 6.02 total time 61.35
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Kurt Weill auf der Höhe der ZeitSanfte Geigenklänge im Wechsel mit grollenden KlavierakkordenZwischen dem Liederzyklus »Frauentanz« und dem Jazz-Standard »Speak Low« liegen nicht nur musikalische Welten. Da hat etwa die »Dreigroschenoper« bequem Platz, und rein geografisch sind die Stücke gar durch einen ganzen Ozean getrennt. Wer über den Komponisten Kurt Weill redet, der 1900 in Dessau geboren wurde und 1935 vor den Nazis in die USA floh, muss in großzügigen Dimensionen denken, Neue Musik ebenso zu schätzen wissen wie gehobene Tanzmusik. Klar, dass dieses breite Spektrum Avantgarde-Musiker wie den Kölner Pianisten Dietmar Bonnen und den in Paris lebenden russischen Geiger Alexei Aigui zur Auseinandersetzung reizen musste. Schließlich haben sie bereits mit ihren überraschend variantenreichen Duo-Aufnahmen von Stücken Frank Zappas und Jimi Hendrix Aufsehen erregt. „Bei Kurt Weill kann man auch mal so richtig schmalzig werden, das hat uns gefallen“, verrät Bonnen. „Einige Stücke haben wir sozusagen nur als Vorwand für unsere Bearbeitungen genommen, anderes bleibt sehr nahe bei der ursprünglichen Komposition.“ Im Ehrenfelder Loft erlebte das Weill-Programm kürzlich seine Premiere. Bonnen und Aigui haben teilweise recht unbekannte Stücke Weills ausgesucht, neben populären Liedern wie »Und was bekam des Soldaten Weib?« oder »Ballade von der sexuellen Hörigkeit« aus der Dreigroschenoper tauchen da Auszüge aus dem »Frauentanz« auf, der Beerdigungsmarsch »In Potsdam unter den Eichen« oder »My Ship«, eine Zusammenarbeit Weills mit Ira Gershwin. Während einige der
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Kompositionen – besonders die Stücke, in denen Bonnen singt – relativ intakt bleiben, nutzt das Duo, das zuweilen durch den Klarinettisten Lothar Burghaus ergänzt wird, in anderen jede sich bietende Möglichkeit zur musikalischen Verfremdung. Sanftes Geigen-Gezirp wechselt da abrupt mit grollenden Klavierakkorden, melancholische Melodien werden durch Aiguis ungemein ausdrucksvolle und mitreißende Soli aufgebrochen. Er fegt über die Saiten, hämmert und kratzt, was das Zeug hält: Weill auf der Höhe der Zeit, für das neue Jahrtausend sozusagen. Nach der Pause geht’s mit einigen der schon bekannten Interpretationen weiter. »How Could I Be Such A Fool« von Zappa wird hübsch ironisch gebracht, bei seinem »Sofa« oder Hendrix’ »Pali Gap« und »Foxy Lady« wird’s endgültig furios: Aiguis entfesseltes Spiel hat den Geigenbogen längst ruiniert, und dem „Loft“-eigenen Piano darf man nur wünschen, dass es durch Bonnens donnernden Akkorde keine bleibenden Schäden zurückbehält. Zum guten Schluss improvisiert er zu Zappas »What Is The Ugliest Part of Your Body?« sogar noch einen deutschen Text: „Was ist der hässlichste Teil deines Körpers?, deine Nase, deine Blase?, oder ist es dein Geist?“ Dann hört er mittendrin auf. Punk irgendwie. Hans-Willi Hermans |
Zappa – bis der Bogen krachtDietmar Bonnen und Alexei Aigui boten in St. Aegidien ein außergewöhnliches KlangerlebnisIn überraschenden Neuinterpretationen widmeten sich die beiden Frank Zappa, Jimi Hendrix und Kurt Weill und kreierten
ohne nachzuahmen etwas völlig Neues.
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Ein besonders Highlight des Konzertes war ein Tango von Kurt Weill. Tieftraurig, bisweilen
furios-wütend, dann wieder melancholisch zeigte sich das Stück von seinen verschiedensten Seiten. Variantenreich
präsentierte sich auch Zappas »Black Napkins«, das sich nach seinem fulminanten Anfang wogenförmig
in fast meditative Klänge ergoss, jedoch wieder zu kräftigen, klar definierten Tönen anschwoll und das
Publikum mit steigender Dynamik und dramatischen Zäsuren in einen musikalischen Rausch versetzte. Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zusammen mit dem russischen Stargeiger Alexei Aigui (wer ihn schon mal live erleben durfte, weiß wovon ich rede) gibt das Kölner Multitalent Dietmar Bonnen intime Einblicke in den Weill’schen Musikkosmos, lotet aus, erhellt und interpretiert meisterhaft. Mit von der Party ist Lothar Burghaus, der jedem Besucher eines MUFFIN MEN-Konzertes in der Kölner „Kantine“ bestens in Erinnerung für seine kraftvollen Gastauftritte ist. Das wunderbar offene und transparente Klangbild der CD, bei hervorragender Dynamik, sorgt außerdem für höchsten Hörgenuss. Große Klasse! The Arf-Dossier Vol. 62 Dezember 2009 |