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Susanne Kessel – visions

visions

Sergej Prokofjew
Visions fugitives op. 22

1   Lentamente (2'10)
2   Andante (2'14)
3   Allegretto (0'54)
4   Animato (1'08).
5   Giocoso (0'29)
6   Con eleganza (0'30)
7   Pittoresco (Arpa) (1'56)
8   Commodo (1'52)
9   Allegretto tranquillo (1'08)
10 Ridicolosamente (1'02)
11 Con vivacitá (1'15)
12 Assai moderato (1'18)
13 Allegretto (0'46)
14 Feroce (1'05)
15 Inquieto (0'43)
16 Dolente (2'25)
17 Poetico (1'59)
18 Con una dolce lentezza (1'45)
19 Presto agitatissimo e molto accentuato (0'42)
20 Lento irrealmente (4'20)
Susanne Kessel: Klavier

Produktion und Klangdesign: Dietmar Bonnen
Aufnahme und Mastering: Ansgar Ballhorn
Aufgenommen im Juni 1999 im telos-Studio Mechernich-Floisdorf
Cover, Layout, [x]scapes: Peter Hölscher

"Meiner Meinung nach hat der Komponist ... die Pflicht, der Menschheit, dem Volke zu dienen. Er muß das menschliche Leben verschönern ..."
(Sergej Prokofjew in seiner Autobiographie)

»Visions fugitives« nannte Sergej Prokofjew eine Folge von 20 kurzen Klavierstücken, die er zwischen 1915 und 1917 wohl für den eigenen Bedarf geschrieben hat, denn Prokofjew war ein glänzender Pianist. Der Titel dieser Klavierstücke, »Flüchtige Visionen«, bezieht sich auf eine Gedichtzeile "In jeder flüchtigen Vision erblicke ich Welten, erfüllt vom Wechselspiel der Regenbogenfarben" des russischen Symbolisten Konstantin Balmont, dessen Texte Prokofjew verschiedentlich vertont hat. Hier aber liegt nun über die oben zitierte Zeile hinaus kein konkreter Text zugrunde, auch folgen die Stücke keinem irgendwie poetischen Programm, sondern es sind gelungene Versuche, das Leben zu verschönern, d. h. musikalische Gedanken knapp und rund zu formulieren. Dabei entsteht von Stück zu Stück eine ganz eigene Klangwelt, die unterschiedlichen Farben des Klavierklangs in ihrer Vielfalt nutzend. Die Bündigkeit der musikalischen Formen ist vergleichbar der der Bartokschen »14 Bagatellen« von 1908 oder der von Schönbergs Klavierstücken op. 19 (1911). Nach den Ausuferungen des spätromantischen Musikdramas war es damals ein ganz neuer Reiz, musikalisch Mehrdimensionales in kurze "flüchtige" Formen fassen zu wollen. So trifft auf Prokofjews »Visionen« durchaus zu, was Arnold Schönberg 1924 zu Anton Weberns »6 Bagatellen« aus dem Jahre 1913 schrieb: "Man bedenke, welche Enthaltsamkeit dazugehört, sich so kurz zu fassen. Jeder Blick läßt sich zu einem Gedicht, jeder Seufzer zu einem Roman ausdehnen. Aber: einen Roman durch eine einzige Geste, ein Glück durch ein einziges Aufatmen auszudrücken: solche Konzentration findet sich nur, wo Wehleidigkeit in entsprechendem Maße fehlt."
In der vorliegenden Aufnahme wird darüber hinaus versucht, der musikalischen Gestalt ihre je eigene, "visionäre" Raumakustik zu geben, oder umgekehrt: jeder klingende Raum sucht seine eigene Musik.

Manfred Niehaus

 
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