Susanne Kessel visions |
Sergej Prokofjew 1 Lentamente (2'10)
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"Meiner Meinung nach hat der Komponist ... die Pflicht,
der Menschheit, dem Volke zu dienen. Er muß das menschliche Leben verschönern
..." »Visions fugitives« nannte Sergej Prokofjew eine Folge von 20 kurzen Klavierstücken,
die er zwischen 1915 und 1917 wohl für den eigenen Bedarf geschrieben hat,
denn Prokofjew war ein glänzender Pianist. Der Titel dieser Klavierstücke, »Flüchtige
Visionen«, bezieht sich auf eine Gedichtzeile "In jeder flüchtigen
Vision erblicke ich Welten, erfüllt vom Wechselspiel der Regenbogenfarben" des
russischen Symbolisten Konstantin Balmont, dessen Texte Prokofjew verschiedentlich
vertont hat. Hier aber liegt nun über die oben zitierte Zeile hinaus kein
konkreter Text zugrunde, auch folgen die Stücke keinem irgendwie poetischen
Programm, sondern es sind gelungene Versuche, das Leben zu verschönern,
d. h. musikalische Gedanken knapp und rund zu formulieren. Dabei entsteht
von Stück zu Stück eine ganz eigene Klangwelt, die unterschiedlichen Farben
des Klavierklangs in ihrer Vielfalt nutzend. Die Bündigkeit der musikalischen
Formen ist vergleichbar der der Bartokschen »14 Bagatellen« von 1908 oder
der von Schönbergs Klavierstücken op. 19 (1911). Nach den Ausuferungen des
spätromantischen Musikdramas war es damals ein ganz neuer Reiz, musikalisch
Mehrdimensionales in kurze "flüchtige" Formen fassen zu wollen.
So trifft auf Prokofjews »Visionen« durchaus zu, was Arnold Schönberg 1924
zu Anton Weberns »6 Bagatellen« aus dem Jahre 1913 schrieb: "Man bedenke,
welche Enthaltsamkeit dazugehört, sich so kurz zu fassen. Jeder Blick läßt
sich zu einem Gedicht, jeder Seufzer zu einem Roman ausdehnen. Aber: einen
Roman durch eine einzige Geste, ein Glück durch ein einziges Aufatmen auszudrücken:
solche Konzentration findet sich nur, wo Wehleidigkeit in entsprechendem
Maße fehlt." Manfred Niehaus |
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