Oswald von Wolkenstein |
"Dieser tirolische Ritter (1377-1445)
ist eine Abenteurer- und Verbrechernatur von höchstem Interesse", schrieb
1933 der Wissenschaftler Samuel Singer über Oswald. Die Verbrechernatur
sollte man heutzutage differenzieren; Oswald war, was man jetzt wohl einen
Diplomaten nennt - mit allen Schattierungen des Ausdrucks. Das höchste Interesse
gebührt ihm nach wie vor. |
Auffällig wird sein Leben dadurch, daß Oswald Zeit und Lust fand, seine Erlebnisse in Liedern zu besingen und diese auch noch in zwei repräsentativen Handschriften - mit Noten! - aufzeichnen zu lassen. Da die Handschriften zudem mit seinem Porträt geschmückt sind, was zweifelsohne die ersten nach der Natur gemalten Autorenporträts der deutschen Literaturgeschichte darstellt, verdiente sich Oswald im Laufe der Forschung solche Titel wie »der letzte Minnesänger«, »der erste Deutsche der Moderne« uvm. Ganz abgesehen von eventueller epochaler Bedeutung zeichnen sich die Gedichte aus durch seine Deftigkeit, seine krachlederne Sprache und seine ironische Erzählhaltung. Die reiche Musiküberlieferung macht Oswald zu einem Hauptlieferanten für Interpreten mittelalterlicher Musik. An einigen Melodien läßt sich nachweisen, daß er sie nach französischen und italienischen Vorbildern geklaut hat: seine Neutextierungen aber sind von einer vokalen Klangkraft, die alles rechtfertigt. Als Umschlagplatz der Musikkultur des Spätmittelalters zeigt sich Oswald als Bearbeiter und Bewahrer, als Abenteurer und Liederjan; vor allem aber als begnadeter Dichter und Musikant, dessen pralles Leben sich in seinen Liedern über mehr als ein halbes Jahrtausend durchsetzt. Martin Schubert |
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OBST-Diskographie |
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