Fremd-vertraute Formen und Zeichen bestimmen eine Ausstellung von Antje Hovermann im Kunstraum OBST.
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Die menschliche Wahrnehmung drängt zum Verstehen und somit zu (Be-)Deutungen. Doch gerade weil das so ist, versuchen Künstler immer wieder, diesen Prozess zu durchkreuzen und das grundsätzliche Offene, Unsichere des Lebens zum Ausdruck zu bringen. Entwickelt aus einfachen Formausstülpungen, elementaren Farbbewegungen, zufälligen Anfängen und intuitiven Fortsetzungen schaffen sie Bildwerke, die trotz größter sinnlicher Präsenz nicht wirklich zu benennen sind. Mitten in diesem Erfahrungsfeld des Übergangs, vom Hauch des Flüchtigen durchweht und von den rätselhaften Gestalt-Drehungen der Verwandlung beflügelt, sind auch die Zeichnungen und Malereien angesiedelt, die Antje Hovermann derzeit im Kunstraum OBST ausstellt. Die Kölner Künstlerin (Jahrgang 1964) führt darin vor, was es heißt, sich bildnerisch zu vergewissern und zugleich fraglich zu werden. Antje Hovermann |
Die unter dem Titel »Glyphe« präsentierten Arbeiten sind bis auf eine größere malerische Arbeit in Skizzenbüchern entstanden. „Ein für mich neues, sehr intimes Medium,“ sagt Hovermann. Nachdem sie zunächst in Köln in eine der drei Kladden unterschiedlichen Formats mit Pastellkreiden hineinzeichnete, legte sie vor allem während eines Aufenthaltes in Ägypten in diesem Jahr richtig los. Das nordafrikanische Abenteuer erklärt denn auch die kräftig leuchtenden Farben (von Orange bis Türkisgrün) und den Ausstellungstitel. So bedeutet das Wort „Glyphe“ Schnitzwerk oder graviertes Zeichen und schafft zugleich einen Bezug zur Rätselhaftigkeit der uralten ägyptischen Hieroglyphen als Zeichen des Geheimnisvollen schlechthin. „Dass es sich um Zeichen und Formen handelt, die man nicht festlegend verstehen kann,“ ist Hovermann das Wichtigste. Dass man dennoch in einigen unweigerlich weibliche, vaginale Formen erkennt, nennt sie „möglich, aber nicht beabsichtigt.“ Dabei entspricht die Assoziation von Körperlichkeit durchaus der sinnlichen Grundlage ihrer Kunst. |
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Andererseits verströmen einige Kreisformen wiederum den ewigen Atem des Universums und die namenlose Sehnsucht, in der die körperliche Erfahrung immer wieder über sich hinaus drängt. Es ist dieses ebenso grundlegende wie undurchsichtige körperlich-geistige Spannungsfeld unserer Existenz, das Hovermann mit ihrer bildlichen Suche erkundet, die Augen gleichermaßen auf die mythischen Anfänge unserer Kultur wie auf deren moderne Ungewissheit gerichtet. Dass eine Wahrnehmung, die zu sehr an fest umrissenen Motiven und ihrem Sinn klebt, diesen möglicherweise gerade deswegen aus dem Gespür verliert, lautet die uncodierte „Botschaft“ ihrer Zeichen. Und überhaupt plädiert sie künstlerisch dafür, das Leben und die Welt zu erkunden wie ein Seiltänzer den Himmel: im Bewusstsein größter Unsicherheit und ganz entschlossen, mit standfesten Fußtritten und zugleich schwebend. Jürgen Kisters
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Jürgen Kisters und Antje Hovermann |
Margot Schmidt-Reichart
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Antje Hovermann, Sabine Büttner |
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Clapping Music – Steve Reich |
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